Archiv der Kategorie: Der Ökonom

wirtschaftspolitische Themen

Der Nobelpreis in Ökonomie geht an…

Am Montag, den 11. Oktober wird der Sveriges Riksbanks pris i ekonomisk vetenskap till Alfred Nobels minneder Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften vergeben. Ich habe ein wenig im Internet gesurft um herauszufinden, wer denn die Favoriten sind.

Die Nachrichtenagentur Thomson Reuters veröffentlicht seit 1989 Vorhersagen über mögliche Preisträger in den Disziplinen Medizin, Chemie, Physik und Wirtschaftswissenschaften. Die Favoriten für dieses Jahr lauten:

Alberto Alesina (Italien/ Harvard University, USA)
Nobuhiro Kiyotaki (Japan/ Princeton University, USA)
John Hardman Moore (Großbritannien/ University of Edinburgh, GB)
Kevin M. Murphy (USA/ University of Chicago, USA)

Über Egghats Blog stieß ich auf iPredict, einem neuseeländischen Anbieter von Wetten auf politische und wirtschaftliche Ereignisse.  Dessen Vorhersage lautet zur Zeit – sogar mit Angabe der Wahrscheinlichkeit – folgendermaßen:

Richard Thaler (USA/ University of Chicago/27%)
Robert Shiller (USA/ Yale University, USA/ 24%)
Oliver Hart (USA, GB/ Harvard University/ 22%)
Jean Tirole (Frankreich/ L’école d’économie de Toulouse, Frankreich/ 20%)
Martin Weitzman (USA, Harvard University/ 19%)
William Nordhaus (USA, Yale University/ 17%).

Es zeichnet sich also noch kein klares Bild ab. Thomson Reuters und iPredict nennen komplett andere Namen. Man darf also gespannt sein. Übrigens habe ich auf N. Gregory Mankiws Blog einen lustigen Screenshot gefunden. Hier geben Martin, Lisa und Milhouse von den Simpsons ihre Tipps ab. Und es fallen wieder drei neue Namen:

Jagdish Bhagwati (Indien/ Columbia University, USA/ Martins Tipp)
Bengt R. Holmström (Finnland/ Massachusetts Institute of Technology, USA/ Milhouse‘ Tipp)
Elhanan Helpman (Israel/ Harvard University/ Lisas Tipp).

Nachdem ich mich ja bei meinem Tipp zur Bundespräsidentenwahl schwer verschätzt habe und die Lage so unübersichtlich ist, gebe ich diesmal keinen so gewagten Tipp ab, sondern folge opportunistisch meinem Namensvetter aus den Simpsons und sage auch: Jagdish Bhagwati. Am Montag wissen wir mehr.

Update Sonntag, 10.10.:
Die Wirtschaftswoche beteiligt sich auch an der Spekulation. Hier ihre Favoriten:

Robert Barro (USA/ Harvard University)

John Taylor (USA/ Stanford University, USA)
Ernst Fehr (Österreich, Universität Zürich, Schweiz)
Martin Feldstein (USA,  Harvard University)
Dale Jörgensen (USA, Harvard University)
und dann noch die von anderen Stellen genannten Alberto Alesina, Kevin Murphy und mein Favorit Jagdish Bhagwati.

Mit Ernst Fehr wird erstmals ein deutschsprachiger Ökonom genannt und auch die Spekulationen der Wirtschaftswoche untermauern eine exponierte Stellung von Harvard im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Eigentlich war die Hochburg der Ökonomie immer die University of Chicago.

AOK oder Porsche?

Vor einiger Zeit erzählte mir ein Bekannter folgende banale Geschichte: Seine Mitbewohnerin erzählte ihm, sie habe heute etwas gekocht. Voll hungriger Vorfreude machte sich mein Bekannter auf den Weg in die Küche. Sie ihm auf den Fersen. Nachdem er festgestellt hatte, dass es nichts mehr gab, sagte sie ihm: „Ich habe aber schon alles aufgegessen.“

Der Information kommt in der Ökonomie eine wichtige Rolle zu. Denken wir z.B. an Moral Hazard, Adverse Selektion und das Principal Agent-Problem. Somit dachte ich darüber nach, warum die Information: „Ich habe etwas gekocht“ überhaupt weitergegeben wurde, da sie ja für den Empfänger gar keinen Nutzen zu haben scheint, mithin der Informationsaustausch obsolet ist.

Ich dachte eine Weile darüber nach und dann wusste ich auf einmal, was der Hintergrund dieser Information sein könnte. Es ging sogar soweit, dass diese Erkenntnis einen Paradigmenwechsel bei mir einleitete. Aber erst einmal der Reihe nach:

Wir lernen in der Volkswirtschaftslehre, dass jedes Individuum seinen Nutzen maximiert. Jedes Individuum teilt sein Zeitbudget in Arbeits- und Freizeit auf. Die Arbeitszeit wird über die Lohnzahlung kompensiert, womit sich dem Individuum Konsummöglichkeiten eröffnen. Es wird konsumiert, wenn das konsumierte Produkt bzw. die konsumierte Dienstleistung einen höheren Nutzen spendet als das Geld, das man dafür ausgibt. So konsumiert jedes Individuum in unserer schönen Volkswirtschaft nutzenmaximierend.

Die Beobachtung der Realität hat mich jedoch an diesem einfachen Erklärungskonzept zweifeln lassen. Im Grundsatz konnte ich dem Modell folgen, aber einige Punkte haben mich stutzig werden lassen. Bis eben zu jener banalen Geschichte.

Als ich so darüber nachdachte, stieß ich darauf, dass es nicht ein Nutzenkonzept gibt, sondern zwei: ein positives und ein negatives. Das positive Nutzenkonzept funktioniert wie klassischerweise in der Wirtschaftstheorie angenommen. Das negative Konzept benötigt noch weitere Komponenten, und zwar: andere Konsumenten mit weniger Konsummöglichkeiten und – ganz wichtig – Neid.

Die Nutzenmaximierung nach dem negativen Nutzenkonzept funktioniert nun folgendermaßen: Individuum 1 konsumiert wie oben beschrieben. Aber er hat aus diesem Konsum keinen Nutzen. Erst wenn es ein Individuum 2 gibt, das auch konsumieren will, aber sich den Konsum von Individuum 1 nicht leisten kann UND neidisch auf Individuum 1 ist, dann entsteht bei Individuum 1 Nutzen.

So konnte erst der Nutzen bei der Mitbewohnerin meines Bekannten entstehen, da die Nahrungsaufnahme allein keinen Nutzen stiftete, sondern erst die Tatsache, dass schon alles aufgegessen war (Konsumausschluß) und mein Bekannter noch Hunger (analog zu beschriebenem Modell: neidisch war) hatte.

Diese Erkenntnis half mir in vielen Gesprächen weiter und läßt mich auch annehmen, dass sich Menschen grundsätzlich darin einteilen lassen, ob sie ein positives oder ein negatives Nutzenkonzept haben.

Wenn ich z.B. wieder mit einem frustrierten Mitbürger über die Situation in unserem Lande rede und mir mein Gesprächspartner weismachen möchte, wie schlecht doch alles in Deutschland sei, dann komme ich sehr schnell auf die Krankenversicherung zu sprechen. Ich ziehe aus ihr direkt einen Nutzen, da ich weiß, dass mich die Gesellschaft nicht dahinvegetieren oder sterben lässt, falls ich einen schlimmen Unfall oder eine ernsthafte Krankheit habe. Ich ziehe auch einen Nutzen, daraus, dass diesen Schutz auch meine Geschwister, Eltern, Verwandte, meine Freundin und Bekannte genießen.

Allerdings ist die Krankenversicherung völlig unbrauchbar für Menschen, die ein negatives Nutzenkonzept haben. Denn jeder und jede ist in Deutschland krankenversichert. Somit kann niemand auf die Krankenversicherung eines anderen neidisch sein.

Sehr gut funktioniert das negative Nutzenkonzept bei Statussymbolen, wie z.B. einem absurd teuren Auto. Diesen kann man vorzeigen und die Fußgänger erblassen vor Neid, da sie sich ein solches Gefährt nicht leisten können. Aus diesem Neid zieht der Fahrer des teuren Autos nun seinen Nutzen.

So hat eine banale Geschichte mein ökonomisches Verständnis erweitert und wenn Sie, liebe Leser wissen wollen, was sie für ein Typ sind, dann denken Sie mal ein wenig über die AOK und Porsche nach.

Mit Doppelpass in die Weltwirtschaftskrise

Da ich im Moment auf eine Klausur lernen muß, kann ich keine neuen Texte schreiben. Deshalb stelle ich einen Artikel online, der in der ersten Ausgabe von Agora42 erschienen ist:

„Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat Werte in einer ungeheuren Größenordnung vernichtet. Seit ihrem Ausbruch wird viel darüber diskutiert, wer dafür wohl verantwortlich sei. Der Schuldige war schnell ausgemacht: der gierige Banker, der einzig nach Profit und persönlichem Vorteil strebt und nicht in Kategorien wie Moral und Verantwortungsbewusstsein denkt.

Aber so einfach ist die Lösung nicht, wenn man sich auf die Suche nach den Verantwortlichen dieses Desaster macht. Denn die Schuld an der Krise ist wie die Hydra, das mehrköpfige schlangenartige Monster aus der griechischen Mythologie. Beim genauen Anschauen der verschiedenen Gesichter wird der Betrachter überrascht sein, wen er da alles sieht. Die Frage nach den Schuldigen ist nicht eindeutig zu beantworten. Schlägt man der Hydra nämlich einen Kopf ab, wachsen zwei neue Köpfe nach.

Über den gierigen Banker wurde schnell gerichtet und sein Kopf mit der scharfen Klinge der Kritik abgeschlagen. Inzwischen ist der Kopf des zaudernden Politikers nachgewachsen, der den Banken hohe Milliardenbeträge zur Verfügung stellt ohne für diese Zahlungen und Garantien Zugeständnisse für ein effizientes Regelwerk des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems zu verlangen.

Ein Gesicht wurde in der Analyse jedoch vernachlässigt. Es ist ein Gesicht, dass in der aktuellen Krisen-Diskussion das Gesicht eines Opfers ist. Es ist das Gesicht des Kleinanlegers, der Zertifikate und Wertpapiere gekauft hat, die in Zusammenhang mit den Immobiliendarlehen aus den USA, des sogenannten Subprime-Marktes stehen.

Der Kleinanleger kaufte Wertpapiere, deren Grundlage Kredite für US-amerikanische Hauskäufer waren, die von Banken Kredite bekommen haben, ohne kreditwürdig zu sein. Der Anspruch auf die Kreditrückzahlung ging durch viele Hände. Er wurde von Bank zu Bank weiterverkauft, bis er letztendlich beim Bankkunden, dem Kleinanleger landete. Dieser verstand nicht was er da kaufte, aber er hatte trotzdem ein klares Motiv für den Kauf dieser Zertifikate – Es war die Gier. Die Gier nach einer hohen Verzinsung.

Dabei muss man wissen, dass die Verzinsung einer Anlageform eine Risikoanzeige ist. Je geringer die Verzinsung, desto geringer ist das Risiko, dass der Anleger sein Geld verliert. Mit steigendem Zins nimmt das Ausfallrisiko zu. So funktioniert unser kapitalistisches Wirtschaftssystem. Wer ein Risiko eingeht, hat die Chance viel Geld zu verdienen – oder eben auch alles zu verlieren. Dabei ist diese Einsicht nicht sehr kompliziert. Der Klassiker für niedrigverzinste Geldanlagen ist das Sparbuch. Die Bank zahlt nur 1,25% Zinsen. Im Gegenzug hat in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg niemand je seine Einlage verloren. Ein Beispiel für eine Anlage mit hoher Verzinsung ist das Lottospiel „6 aus 49“. Im Erfolgsfall hat der Anleger eine astronomisch hohe Verzinsung. Jedoch verliert die überwältigende Mehrheit der Lottospieler, also der Anleger immer ihre Investition.

Nichtsdestotrotz stellt sich nun die Frage: Sollte man Mitleid mit denen haben, deren Zertifikate nun keinen Wert mehr haben und die somit ihre Einlagen verloren haben? Die Antwort lautet: Nein!

Im Falle, dass die Rechnung aufgegangen wäre und die Kleinanleger eine hohe Rendite realisiert hätten, wäre diese einfach mitgenommen worden. Es wäre keine Diskussion unter den Gewinnern dieses Risikospiels entbrannt, wie viel von dem Gewinn abgegeben werden soll – geschweige denn ob dafür Schulden gemacht werden sollten.

Von dieser Einschätzung ausgenommen sind selbstverständlich die Kleinanleger, die getäuscht wurden, wie z.B. die Kunden einiger Sparkassen. Dort wurden mit zweifelhaften Beratungsmethoden Zertifikate der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers verkauft. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise ging sie vor einem Jahr insolvent und die Anleger verloren ihr Geld. In einigen Fällen wurden den Geschädigten bereits gerichtlich Schadensersatz zugesprochen.

Außerdem dürften die Verluste von Kleinanlegern höchstens ein Partikularproblem von Berufsanfängern sein, die gerade am Anfang der Vermögensbildung stehen und noch keine Erfahrungen im Bereich Geldanlage und Sparen gemacht haben. Erinnern wir uns zurück. Es ist noch keine zehn Jahre her, dass die Spekulationsblase der New Economy geplatzt ist. Jeder Banker und jeder Kleinanleger, der diese Krise mitbekommen hat, hätte nicht in die zweifelhaften Papiere investieren dürfen, für den Fall, dass er Angst vor dem Totalausfall gehabt hätte. Wer es aus Gier trotzdem gemacht hat, ist selbst schuld. Wir werden nun in der Zukunft beobachten können, ob die Wirtschaftsakteure aus der aktuellen Krise gelernt haben werden oder ob sie auch in Zukunft die Gier zu risikoreichen Anlagen treibt.

Wer gierig ist, der macht sich schuldig. Das gilt für Banker, aber genauso auch für den Kleinanleger. So haben gierige Banker und gierige Kleinanleger Doppelpass gespielt. Am Schluss stand es 1:0 für die Weltwirtschaftskrise. Wer das (Eigen-)Tor geschossen hat, ist dabei egal.“

Keine Angst vor Verstaatlichung

In der aktuellen Ausgabe des Cicero schreibt Nils aus dem Moore einen Artikel über die Vorzüge der Privatisierung kommunaler bzw. staatlicher Unternehmen.

Ausgehend vom aktuellen Phänomen der Rekommunalisierung (Rückkauf von zuvor privatisierten Unternehmen durch die Kommunen) zeigt er beispielhaft auf, welche Effekte eine Verstaatlichungspolitik Mitte des 19. Jahrhunderts im Falle der Eisenbahn hatte. Wie üblich bei aus dem Moores Beiträgen, gelang ihm eine klar strukturierte und sehr fundierte Argumentation. So zitiert er aus einer gemeinsamen Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Münchener Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG), die nachgewiesen haben, dass die Privatisierung von Krankenhäusern zwischen 1996 und 2007 viele positive Effekte hatte und die befürchteten Qualitätseinbußen in der Krankenversorgung ausblieben.

Dennoch betreibt der Volkswirt in Ciceros Diensten keine Schwarz-Weiß-Malerei, sondern geht im Falle des Strommarktes darauf ein, dass dessen Liberalisierung nicht zu mehr Wettbewerb geführt hat, sondern immer noch eine marktbeherrschende Stellung der „großen Vier“ RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall zu konstatieren sei. Die Folge davon ist, dass die Preisbildung nicht den Gesetzmäßigkeiten des Marktes folgen, sondern monopolistischer bzw. – um genauer zu sein – oligopolistischer Mechanismen. Das Resultat sind zu hohe Preise, denn es werden zusätzlich zum Wettbewerbspreis noch Monopolrenten fällig, die einzig und allein durch die unvollkommene Marktstruktur generiert werden.

Aus dem Moore schreibt dazu: „Für den Bürger macht es freilich keinen Unterschied, ob er von einem privaten oder einem staatlichen Unternehmen über Gebühr zur Kasse gebeten wird.“

Hier muß ich ihm jedoch widersprechen. Es macht sehr wohl einen Unterschied, an wen die zu hohen Preise gezahlt werden. Im Falle von privaten Unternehmen, gehen die Monopolrenten an die Eigentümer – also die Aktionäre – die sich über die (zu hohen) Dividenden freuen. Im Falle von staatlichen Unternehmen, gehen die Monopolrenten zwar auch an den Eigentümer. Da der Eigentümer aber der Staat ist, gehört das Unternehmen letzten Endes den Bürgern. Geht man davon aus, dass der Staat bzw. die Kommune ein konstantes Budget hat (was eine legitime Annahme ist, wenn man als Zeitraum ein Jahr festlegt), ist der Beitrag des öffentlichen Unternehmens, das zu hohe Preise verlangt, an diesem Budget „zu hoch“. Als Folge davon könnten z.B. Verwaltungsgebühren gesenkt werden. Also profitieren die Bürger bei der staatlichen Lösung von den zu hohen Preisen. Da sie vorher jedoch zu viel bezahlt haben, nivelliert sich der Effekt letzten Endes. Dieser ausgleichende Effekt bleibt bei der privaten Lösung aus.

Es ist somit erforderlich, dass der Wettbewerb funktioniert. Sollte dies auch durch staatliche Regulierung nicht möglich sein, ist meiner Meinung nach die staatliche Lösung der privaten vorzuziehen.

Bestraft die Medien! Oder Denkt an die Säge!

Letzte Woche veröffentlichte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Professor Dr. Michael Hüther ein Kommentar zum Rettungspaket für Griechenenland. Überschrieben war dieser Beitrag mit dem irreführenden Titel: „Bestraft die Märkte für ihre Fehler“. Da dies ja gar keinen Sinn macht wunderte ich mich sehr und dachte darüber nach.

Der Markt

Der Markt ist ein Allokationsmechanismus, also eine Instrument zum Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Geld unter möglichen Verbrauchern. Der große Gegenspieler des Allokationsmechanismus Markt ist die staatliche Planung. Die Mechanismen Lotterie und Windhundprinzip seien hier nur am Rande genannt.

Unabhängig vom gewählten Mechanismus existieren wirtschaftspolitische Ziele: Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit.

Der Niederländer Jan Tinbergen, 1969 der erste Nobelpreisträger für Ökonomie, stellte die Beziehung zwischen wirtschaftspolitischen Instrumenten und Zielen her: Er postulierte, dass jedem Ziel genau ein Instrument zugeordnet werden soll, wobei allgemein angenommen wird, dass der Markt mit dem Ziel Effizienz und staatliche Planung mit dem Ziel Verteilungsgerechtigkeit in Zusammenhang steht.

Ich möchte die Ziel-Instrument-Zuordnung einmal in Bezug auf die internationale Finanzkrise durchspielen.

So könnte ein wirtschaftspolitisches Ziel lauten: Effizienter Einsatz von Investitionen und Liquidität. Als Instrument dient der internationale Finanzmarkt, dessen Leistung sich sogar anhand der Rendite sehr genau bestimmen läßt.

Da dies im schlimmsten Fall aber zu Krise, Bankrott und Zerstörung von Existenzen führen kann, ließe sich ein weiteres wirtschaftspolitisches Ziel formulieren: Die Absicherung gegen solche Risiken. Das Instrument wäre ein Versicherungsmarkt.

Da es hier auch zu Verzerrungen kommen kann – eventuell bietet keine private Versicherung ein solches Produkt anbietet an – könnte der Staat eingreifen und mit staatlicher Planung eine Pflichtversicherung einführen.

Die Liste weiterer Ziele und Instrumente ließe sich weiter munter fortführen.

Die Strafe

Wie könnte nun die Bestrafung eines Verteilungsmechanismus namens Markt aussehen. Ich versuchte mir das bildlich vorzustellen:

Ich mache es mir zur Aufgabe einen Baum zu fällen, dies sei mein wirtschaftspolitisches Ziel. Als Instrument wähle ich dafür einen Hammer. Da mein wirtschaftspolitisches Ziel nicht erreicht wird, gerät meine kleine Volkswirtschaft bestehend aus mir, dem Baum und dem Hammer in eine tiefe Krise. Folgte ich nun der Empfehlung die ich dem Titel des Artikels von Professor Hüther entnehme, müßte ich den Hammer bestrafen. Wie soll eine solche Strafe aussehen: Darf der Markt nun zwei Wochen nicht fernsehen oder darf er morgen nicht mit seinen Freunden ins Schwimmbad gehen?

Somit müßte die Forderung in der Überschrift eigentlich lauten: „Definiert die richtigen wirtschaftspolitischen Ziele und Instrumente“ – allerdings kommt ein solcher Titel wahrscheinlich weder ins Textband von N-TV noch in die Onlineausgabe des SPIEGEL. Denn im Artikel selbst sind die unterschiedlichen Anreizeffekte und der mögliche Instrumenteneinsatz in Bezug auf Griechenland sehr gut analysiert. Deshalb liegt die Namensgebung des Artikels sicherlich weniger an der Expertise Hüthers, sondern mehr an der Effekthascherei der Medien, die Meldungen bringen die cool klingen, aber im Endeffekt doch nur Quatsch sind. Ähnlich ungeeignet wäre an dieser Stelle einfach plakativ zu fordern: „Bestraft die Medien“ und eventuell sogar diesen Artikel so zu betiteln.

Schließen möchte ich mit den Worten des Psychologen Abraham Maslow: „Wenn man als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.“