Keine Angst vor Verstaatlichung

In der aktuellen Ausgabe des Cicero schreibt Nils aus dem Moore einen Artikel über die Vorzüge der Privatisierung kommunaler bzw. staatlicher Unternehmen.

Ausgehend vom aktuellen Phänomen der Rekommunalisierung (Rückkauf von zuvor privatisierten Unternehmen durch die Kommunen) zeigt er beispielhaft auf, welche Effekte eine Verstaatlichungspolitik Mitte des 19. Jahrhunderts im Falle der Eisenbahn hatte. Wie üblich bei aus dem Moores Beiträgen, gelang ihm eine klar strukturierte und sehr fundierte Argumentation. So zitiert er aus einer gemeinsamen Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Münchener Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG), die nachgewiesen haben, dass die Privatisierung von Krankenhäusern zwischen 1996 und 2007 viele positive Effekte hatte und die befürchteten Qualitätseinbußen in der Krankenversorgung ausblieben.

Dennoch betreibt der Volkswirt in Ciceros Diensten keine Schwarz-Weiß-Malerei, sondern geht im Falle des Strommarktes darauf ein, dass dessen Liberalisierung nicht zu mehr Wettbewerb geführt hat, sondern immer noch eine marktbeherrschende Stellung der „großen Vier“ RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall zu konstatieren sei. Die Folge davon ist, dass die Preisbildung nicht den Gesetzmäßigkeiten des Marktes folgen, sondern monopolistischer bzw. – um genauer zu sein – oligopolistischer Mechanismen. Das Resultat sind zu hohe Preise, denn es werden zusätzlich zum Wettbewerbspreis noch Monopolrenten fällig, die einzig und allein durch die unvollkommene Marktstruktur generiert werden.

Aus dem Moore schreibt dazu: „Für den Bürger macht es freilich keinen Unterschied, ob er von einem privaten oder einem staatlichen Unternehmen über Gebühr zur Kasse gebeten wird.“

Hier muß ich ihm jedoch widersprechen. Es macht sehr wohl einen Unterschied, an wen die zu hohen Preise gezahlt werden. Im Falle von privaten Unternehmen, gehen die Monopolrenten an die Eigentümer – also die Aktionäre – die sich über die (zu hohen) Dividenden freuen. Im Falle von staatlichen Unternehmen, gehen die Monopolrenten zwar auch an den Eigentümer. Da der Eigentümer aber der Staat ist, gehört das Unternehmen letzten Endes den Bürgern. Geht man davon aus, dass der Staat bzw. die Kommune ein konstantes Budget hat (was eine legitime Annahme ist, wenn man als Zeitraum ein Jahr festlegt), ist der Beitrag des öffentlichen Unternehmens, das zu hohe Preise verlangt, an diesem Budget „zu hoch“. Als Folge davon könnten z.B. Verwaltungsgebühren gesenkt werden. Also profitieren die Bürger bei der staatlichen Lösung von den zu hohen Preisen. Da sie vorher jedoch zu viel bezahlt haben, nivelliert sich der Effekt letzten Endes. Dieser ausgleichende Effekt bleibt bei der privaten Lösung aus.

Es ist somit erforderlich, dass der Wettbewerb funktioniert. Sollte dies auch durch staatliche Regulierung nicht möglich sein, ist meiner Meinung nach die staatliche Lösung der privaten vorzuziehen.

2 Antworten zu “Keine Angst vor Verstaatlichung

  1. Ich kann Ihnen im Grunde nur beipflichten, wenngleich ich anmerken muss, dass bei einer Verstaatlichung die Monopolrenten zementiert und nachweisbar durch einen übermäßigen Verwaltungsapparat verschlungen werden, die sich die Politik selbst schafft. Schließlich werden solche Posten gerne von ehemaligen oder unliebsam Politiker besetzt.

    Festzustellen ist, dass bei Ihrem Beispiel der Strombranche unter beiden Modellen die Preise überhöht waren bzw. sind – der private Ansatz jedoch zumindest das Tor zu fairen Marktpreisen offen lässt während es bei der staatlichen Lösung kategorisch ausgeschlossen wäre.

  2. Nils aus dem Moore

    Lieber Herr Hablitzel,
    zunächst vielen Dank für die differenzierte Auseinandersetzung mit meiner Cicero-Kolumne „Keine Angst vor der Privatisierung“. Ihr Text hebt sich sehr wohltuend von jenen Kritikern ab, die offenbar direkt nach Lektüre der Überschrift mit Schaum vor dem Mund drauflos tippen, ohne sich die Mühe der Lektüre überhaupt zu machen…

    Gegen Ihren zum Schluss geäußerten Widerspruch möchte ich an dieser Stelle jedoch meinerseits zwei entgegenstehende Argumente formulieren. Die Aussage, dass die zu hohen Gebühren an ein Staatsunternehmen letztlich ja an anderer Stelle dem Bürger zu gute kommen, und daher staatliches dem privaten Engagement vorzuziehen sei, hängt von drei Annahmen ab:

    – erstens, dass die Effizienz des jeweiligen Unternehmens unabhängig von der Eigentümerfrage gleich hoch (oder gleich niedrig ) ist. Folgt man jedoch der soliden empirischen Evidenz, dass Private hier Vorteile haben, bleiben beim Staat aufgrund von Ineffizienzen die Monopolgewinne also nicht in vollem Umfang übrig, entsprechend sinkt die Möglichkeit von möglicherweise einen hohen Nutzen stiftenden Quersubventionierungen

    – zweitens endet auch das Szenario „Privat“ nicht in dem Augenblick, wenn die Gewinne im Unternehmen oder die Dividenden bei den Aktionären angekommen sind. Denn beide, Unternehmen und Aktionäre, zahlen Steuern auf ihre Erträge – anders als die kommunalen oder freigemeinnützigen Konkurrenten beispielsweise im Krankenhausbereich.

    – drittens, dass die im staatlichen Bereich ankommenden Gelder von altruistisch agierenden Bürokraten ausschließlich im Sinne des Gemeinnutzes verwaltet und Überschüsse an einer Stelle ohne Verluste für sinnvolle Ausgaben an anderer Stelle umgeleitet werden. Diese Annahme dürfte ebenso ungerechtfertigt sein wie die ebenso extreme Sicht eines Leviathan-Staates, dessen ausschließlich durch Eigennutz motivierte Bürokraten sich vor allem als Rent-Seeker engagieren. Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte liegen.

    Betrachtet man diese drei Aspekte zusammen, dann sehe ich weiterhin gute Gründe für die Bewertung „Für den Bürger macht es freilich keinen Unterschied, ob er von einem privaten oder einem staatlichen Unternehmen über Gebühr zur Kasse gebeten wird.“

    Mit besten Grüßen
    Nils aus dem Moore

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